Sonntag, 9. Januar 2011. Alp Garadur, 407 Meter über dem Walensee-Spiegel, 829 Meter über Meer. Hemdsärmlig geniessen meine Mit-Tippler und ich die Sonne, den Frühling und ein gutes Glas Chianti. Frühling im Januar verdanken wir dem lieben Kollegen Föhn, diesem natürlichen Heissluftgebläse über den Alpen. An jenem Wochenende bescherte er der Ostschweiz angenehme 12 bis 15° Celsius und viel Sonne. Ideales Wanderwetter. Lasst die Wandersaison beginnen…
Region: | Walensee, Heidiland |
Tour Datum: | 09.01.2011 |
Wandern Schwierigkeit: | T2 – Wandern (siehe » Alpinwanderskala) |
Wegpunkte: | » Murg, Quinten, Au, Josen, Garadur, Frachtina, Walenstadt |
Karten: | Landeskarte 1:25 000, Blatt 1134 Walensee; geo.admin-Karte: Digitale Wanderkarte |
Zeitbedarf: | ca. 4 – 5 Stunden (inkl. Mahlzeiten und geniessen der Aussicht) |
Aufstieg: | ca. 400 Höhenmeter |
Abstieg: | ca. 400 Höhenmeter |
Für Kinder: | Schifffahrt, Spielplatz Walenstadt, im Sommer baden im See |
Restaurants: | diverse in Quinten, Au (während unserem Aufenthalt geschlossen), Walenstadt-Berg und Walenstadt |
ÖV-Anbindung: | Bahnhof Murg; Schiffstationen Murg und Quinten; Bahnhof Walenstadt |
GPS-Track: | walensee_09012011.kmz (Google-Earth-Format) |
Zusätzliches: | Der Aufstieg von Josen nach Garadur ist lang und steil. Für Kinder nur bedingt geeignet. Bei der Schiffstation Murg befindet sich kein Restaurant, kein Kiosk und keine Toilette. Bahnhofs-WC benutzen kostet einen “Fränkler”. Für “Hündeler” im Wald von Josen bis Garadur herrscht Leinenzwang! |
Der Föhn macht Frühling
Zugegeben, eigentlich endet meine Wandersaison nie und kann daher auch nicht beginnen. In den Wintermonaten verlagern sich die Wanderziele in tiefere Lagen. Meist im tristen grau. Oder aber mit Schlitten bepackt hinauf in Schnee und Sonne. Und genau deshalb muss man solche Föhn-Lagen ausnutzen. Sonnige Höhen erklimmen und die dicke Winterjacke zuhause lassen. Für kurze Zeit wenigstens.
In Gesellschaft wandert es sich leichter und lockerer und so begleiten mein Lektor mit Partnerin und Wochenend-Hund* meine Kinder und mich hinaus in den Föhn. Das Ziel heisst Walensee. Nicht weit, nicht zu hoch. Sonnig gelegen, mit guter ÖV-Anbindung und, wichtig an diesem Tag, definitiv eines der warmen Föhn-Täler. Treffpunkt am HB Zürich, Zugfahrt mit umsteigen in Ziegelbrücke nach Murg – klappt alles wie am Schnürchen. In Murg dann 25 Minuten Wartezeit bis das Kursschiff nach Quinten übersetzt. Kinder und Erwachsene sind guter Dinge und wollen intellektuell beschäftigt werden. Wie heissen die einzelnen Churfirsten? Wie tief ist der Walensee? Da kommen selbst Vielwanderer, Einheimische und Taucher ins schwitzen. Die Tiefe des Walensees nehme ich vorweg, es sind an der tiefsten Stelle “nur” 151 Meter. “Sorry mein Lektor, aber der Wettbewerbsgewinn bleibt bei mir.” Die Churfirsten, direkt voraus, im Sonnenlicht strahlend, sind eine Knacknuss. Je nach Zählweise sind es sechs bis 13 und niemand kannte alle. Wer es wissen will, Wikipedia hat die Antwort. Link: de.wikipedia.org/wiki/Churfirsten.
Wein, Feigen und Kiwis
Die Zeit vergeht wie im Fluge und schon ist das Schiff bereit zur Überfahrt und die Tippelgruppe eingestiegen. Mit leichtem Wellengang geht es hinüber nach Au. Wir hätten schon in Au aussteigen können. (Würde uns eine Viertelstunde Weg ersparen.) Aber wir sind Wanderer. Nichts ist mit abkürzen. Und so verlassen wir das Schiff erst in Quinten. Quinten wird auch als “Riviera der Ostschweiz” bezeichnet. Das milde Klima am Südhang der Churfirsten lässt nicht nur nur einen hervorragenden Wein, sondern auch Feigen und Kiwis reifen. Quinten ist nur zu Fuss oder per Schiff zu erreichen, was dem Charme des Örtchens sicher nicht geschadet hat.
Quinten lebt praktisch nur vom Tourismus, was sich an unzähligen “Ferienwohnung/Haus zu vermieten”-Schildern und etlichen Restaurants bemerkbar macht. Im Sommer ist hier sicher einiges los, ist der See dicht belagert. Im Januar hingegen sind die meisten Restaurants geschlossen und ausser ein paar Wandervögeln niemand zu sehen. Freier Blick auf See und Churfirsten gewährleistet. Von nahem wirken die trutzigen Churfirsten noch imposanter. Beinahe senkrecht ragen sie vom Seespiegel auf, teilweise mehr als 1′000 Meter. Ganz anders die Rückseite, das Toggenburg. Flach auslaufend und weniger erhaben. Flach ist im Moment auch unser Weg dem See entlang. Bis Josenhaab, einem lauschigen Delta mit Bademöglichkeit (im Sommer) bleibt das auch so. Ein leichtes Auf und Ab. So richtig zum Einlaufen. Und dann der Bergpreis: Josenhaab – Garadur. Knapp 400 Höhenmeter wollen bezwungen werden.
Wie lange noch aufwärts
Zur Vorbereitung der Tour halfen diverse Internet-Wanderseiten und in der heimischen Bibliothek gestapelte Wanderbücher. Als Richtzeit für den Aufstieg kursierten Angaben zwischen 20 und 40 Minuten. Genaue Zeitangaben helfen, Kinder beim Aufstieg zu motivieren. “Für Kinder gut machbar”, hiess es in einem. Ja, sofern die Kinder eine gute Grundkondition haben. Wir benötigten für den Aufstieg, inklusive Pause und in gemächlichem, für kleine Kinderbeine tauglichem Tempo, eine gute Stunde. Der Weg ist reizvoll, windet sich in etlichen Kurven quer durch den Wald eine Felsnase hoch. Immer wieder fällt der Blick auf den stets tiefer liegenden Walensee. Kleine Bäche wollen überquert werden. Ich mag solche Wege, für die Kinder dürfte es weniger lang sein.
Oben angekommen, schiebt sich das ehemalige Restaurant Garadur ins Blickfeld. Heute ist es nur noch ein Wohnhaus. Schade, ein kühles Bier nach dem Aufstieg wäre sehr willkommen gewesen. Egal. Eine Ruhebank über der Klippe mit wunderbarem Ausblick über den Walensee und die Linthebene entschädigt mehr als genug. Der mitgebrachte Chianti lässt das Bier vergessen und schon bald tollen auch die Kinder wieder mit dem Wochenend-Hund* umher. Sonne, Wärme, Aussicht – Wanderer, ich höre dich nicht klagen.
Und wieder abwärts
Der weitere Weg nach Walenstadt führt zwangsläufig abwärts. Auf breiten Wegen geht es bis Frachtina noch gemächlich, danach zügig wieder abwärts. Der See kommt näher und bald ist die Schiffstation und der grosse Spielplatz am See erreicht. Vom See zum Bahnhof sind es gute 25 Minuten. Da uns der Anschluss in Ziegelbrücke wichtiger ist als Kultur, sehen wir leider nicht viel von Walenstadt. Der Ort erscheint mir durchaus einen Besuch wert zu sein. Bei der nächsten Begehung werde ich mir mehr Zeit nehmen. Versprochen.
Keine Minute zu früh treffen wir am Bahnhof ein. Der Zug nach Ziegelbrücke nimmt uns auf, zwischen Snowboards, Skiern und Schlitten finden wir noch Platz. Auf der Schattenseite des Walensees geht es zügig zurück. Zwischendurch gewährt die Streckenführung Blicke auf das heute Geleistete. Als wir in Zürich eintreffen, ist es dunkel und es regnet. Der Föhn ist gegangen und hat dem Winter wieder Platz gemacht. Doch nicht mehr lange und der Winter muss dem Frühling definitiv weichen.
*Wochenend-Hund weil dieser Hund nur bei Wanderungen, in Ferien der Besitzer und häufig, eben am Wochenende, meinem Lektor gehört. So eine Art Miethund, wobei nicht klar ist, ob der Lektor den Hund mietet oder ob der Hund einfach den Lektor zum Wandern ausleiht…
Links:
- Webseite der Walensee-Schifffahrts-Gesellschaft: walenseeschiff.ch/
- Wikipedia-Eintrag zu den Churfristen: de.wikipedia.org/wiki/Churfirsten
- Wikipedia-Eintrag zum Walensee: de.wikipedia.org/wiki/Walensee
- Heidiland Tourismus: heidiland.com