Ohne Kinder unterwegs. Ganz ungewohnt. Da darf es auch mal etwas strenger sein. So gegen 3′000 Meter Gipfelhöhe sollte schon drin liegen. Schon länger hat mich das Augstbordhorn angezogen. Dieser markante Berg, 2′976 Meter hoch, thront über Stalden und dem Mattertal. Von vielen Orten im Oberwallis ist das Gipfelkreuz zu sehen, also muss die Aussicht grossartig sein.
Region: | Wallis; Augstbord-Region; Törbel; Moosalp |
Tour-Datum: | 21. August 2010 |
Wandern-Schwierigkeit: | T3 – anspruchsvolles Bergwandern (siehe » Alpinwanderskala) |
Wegpunkte: | » Törbel, Moosalp, Törbeltälli, Hälmine Grat, Violenhorn, Grätji, Augstbordhorn |
Karten: | Landeskarte 1:25 000, Blatt 1308 St. Niklaus, 1288 Raron; geo.admin-Karte: Digitale Wanderkarte |
Zeitbedarf: | Wanderung ca. 5 1/2 Stunden |
Aufstieg: | 928 Höhenmeter |
Abstieg: | 928 Höhenmeter |
Für Kinder: | Aussicht, Landschaft. Weg nur für trittsichere, ältere Kinder geeignet |
Restaurants: | Moosalp, Dorbia |
ÖV-Anbindung: | Postauto Haltestelle Moosalp, SBB Bahnhof Visp |
1′500 Höhenmeter in 30 Minuten
Morgens um 9 besteige ich gut gelaunt das Postauto von Törbel auf die Moosalp. Ich könnte auch in ca. 1 1/2 Stunden hochsteigen, aber für die erste grosse Tour seit ein paar Jahren will ich mir das nicht zumuten. Für nur Fr. 3.50 (mit Halbtax) bringt mich das Postauto in 30 Minuten auf 2′000 Meter über Meer. Interessant, dass GA-Besitzer einen Berg-Postauto-Strecken-Zuschlag von Fr. 3.- bezahlen müssen…
Nach viel Regen scheint die Sonne. Eine einzelne Wolke hängt am Ziel, dem Augstbordhorn. Die wird sich ja wohl auflösen bis ich oben bin. 2 3/4 Stunden Weg steht angeschlagen. Fast 1′000 Höhenmeter liegen vor mir. Vorbei am Restaurant Moosalp steigt der breite Weg locker an. So wird’s ein lockeres Unterfangen. Der Weg windet sich langsam hoch, gewinnt an Höhe. Ich durchquere eine friedlich grasende Kuh-Herde aus lauter Kampf-Kühen. Diese schwarzen, massigen Tiere machen gewaltig Eindruck, lassen sich durch mich aber überhaupt nicht stören.
Der letzte Brunnen auf dem Weg zum Gipfel
Der Weg wird schmaler und steiler. Vorbei an einem Brunnen mit frischem, kühlem Wasser steigt der Weg hinauf. Der Weg führt über eine lauschige Hochebene. Überall erheben sich Steinmänchen. Die Bewölkung nimmt zu und ich lege eine Rast ein. Einheimische lassen sich neben mir nieder und bald schon sind wir in einem Gespräch über Gott und die Welt. Die vielen Steinmänchen sollen die Berggeister besänftigen und dem Wanderer eine gute Reise garantieren. Ich nehme mir vor, oben auch einen Stein auf das Gipfelmänchen zu legen. Man weiss ja nie.
Die Landschaft ändert sich. Steinig und karg. Flechten und Moose ersetzen Gräser. Blumen sind nur noch selten zu sehen. Der Wind säuselt leise. Die Muskulatur ist leicht zu spüren und meine Tritte sind regelmässig. Die Gedanken schweifen kaum mehr ab, Landschaft und Anstrengung beruhigen. Steile Wegpassagen häufen sich, dazwischen immer wieder kurze Wege über Grate und Geröllfelder. Das Panorama ist atemberaubend. Der Wanderweg verläuft entlang der Krete des Törbeltälli. Eine Mondlandschaft. Karg und unwirtlich und plötzlich dieses Geräusch…
Aberglaube und Berggeister
Ein hallendes unheimliches Geräusch. An- und abschwellend. Es sind Bergdolen, die hoch oben ihre Rufe erklingen lassen. In dem Talkessel verfangen sich die Schreie und werden vielfach reflektiert. Kein Wunder, dass abergläubige Bergleute an Geister dachten. Der Weg ist grausam. Ständig hat man das Augstbordhorn vor Augen, das Ziel in Sicht. Und vor dem Ziel ist diese Wand, dieser Bergrücken. Und da muss ich hoch. Vorbei am Violenhorn erreiche ich 2′821 Meter über Meer. Bis zum Gipfel fehlen noch 155 Meter. Und die müssen am Schluss auch noch bezwungen werden. In engen Kurven windet sich der Weg hoch. Warum wollte ich ausgerechnet auf diesen Berg? Hätten es 2′500 Meter nicht auch getan. Aber nein, der sture “Grind” muss ja mal wieder durch die Wand. Seit Jahren praktisch nur noch im Flachland unterwegs, und dann ausgerechnet da hoch. Solche und ähnliche Gedanken schiessen mir durch den Kopf während ich die letzten Meter hochsteige. Schritt um Schritt. Und dann bin ich oben. Und überwältigt.
4′000er in Reih und Glied
Ein paar wenige Schritte hoch bis zum Gipfelkreuz. Der Wind zerrt an mir, Wolkenfetzen ziehen vorbei und die Walliser 4′000er stehen in Reih und Glied zur Besichtigung bereit. Weisshorn, Zinalrothorn, Klein Matterhorn, Breithorn, Allalinhorn, Täschhorn, Dom und wie sie alle heissen. Ein Ehepaar erzählt mir, dass man bei ganz gutem Wetter auch die Dufourspitze sehen könne. Heute leider nicht. Zuviele Wolken. Ich habe keine Ahnung, wie die vielen Berge die ich sehen kann alle heissen, aber im Moment inst mir das einfach egal. Ich setze mich hin und geniesse. Das Mittagessen kann warten. Zuerst die Berge und ich. Einfach wunderbar.
Der Abstieg ist schnell erzählt. Ich bin auf dem selben Weg wieder zurück. Der alternative Weg über das “Obere Sänntum” ist reizvoll, führt allerdings weit weg von der Moosalp. Den letzten Bus nach Törbel verpasst man fast garantiert. Also entweder mit dem Auto auf die Moosalp, vom “Oberen Sänntum” nach Unterbäch / Bürchen absteigen und dann mit Seilbahn oder Bus ins Rhonetal. Oder halt auf dem selben Weg zurück. Normalerweise mag ich keine Wanderungen mit zweimal demselben Weg. Aber heute ist mir das egal. Beim Rückweg entdecke ich etliche Details, die mir beim Aufstieg entgangen sind.
Viel Genuss beim wandern mit und ohne Geister wünscht Ihnen Ihr Gregor A. Ambühl
Links:
- Restaurant Moosalp: www.moosalp.ch
- Restaurant Dorbia: www.dorbia.ch
- Gemeinde Törbel: www.toerbel.ch
- Bürchen-Unterbäch: www.buerchen-unterbaech.ch
- Wikipedia-Eintrag: de.wikipedia.org/wiki/Moosalp